Spracherwerbstheorie

Wie wird eine Sprache beziehungsweise das Sprechen eigentlich erlernt? Damit befassen sich die Sprachwissenschaftler in der Spracherwerbstheorie. In der Spracherwerbsforschung wird zunächst zwischen Erstspracherwerb und Zweitspracherwerb unterschieden. Per Definition bezieht sich der Spracherwerb auf den Erstspracherwerb, also das Erlernen der Muttersprache. Dieser Prozess dauert die ersten vier Jahre an. Lernen die Kinder nur eine Sprache, wird von einem monolingualen Spracherwerb gesprochen. Wächst das Kind hingegen mit zwei Sprachen auf, wird der Erstspracherwerb als bilingual bezeichnet. Demgegenüber steht der Zweitspracherwerb, der sich in einen gesteuerten und ungesteuerten Spracherwerb gliedert. Alle Sprachen, die erlernt werden, nachdem der Erstspracherwerb abgeschlossen ist, fallen in diesen Typus. Gesteuert ist der Spracherwerb dann, wenn sich eine neue Sprache systematisch angeeignet wird. In der Schule ist dies beispielsweise im Fremdsprachenunterricht der Fall. Auch abseits des systematischen Spracherwerbs kann eine neue Sprache erlernt werden, beispielsweise bei einem Auslandsjahr. Dieser Zweitspracherwerb ist im Berufsfeld von Dolmetscher:innen relevant. Bevor die Ausbildung oder das Studium als Dolmetscher:in beginnt, müssen diese einen Nachweis über eine Fremdsprache erbringen, die sie erlernt haben.

Spracherwerbstheorie: die Modelle im Überblick

Die Sprachwissenschaftler befassen sich zudem mit der Frage, welche Rolle innere und äußere Faktoren bei der Sprachentwicklung spielen. Innerhalb des Forschungsfeldes gibt es daher verschiedene Spracherwerbstheorien, die den Einfluss von Genetik und Umwelt auf die Sprachbildung untersuchen.

Die bekanntesten Modelle sind die behavioristische, nativistische, kognitive, interaktionistische sowie konstruktivistische Spracherwerbstheorie. Der Behaviorismus geht davon aus, dass Sprache durch hören und Nachahmung erlernt wird, wohingegen der Nativismus von einer biologischen Veranlagung ausgeht. Die kognitive Spracherwerbstheorie bezieht sich auf eine Form des kognitiven Lernens, um eine Sprache zu erwerben. Vertreter des Interaktionismus sind der Meinung, dass Sprache durch logische Strukturen während der Interaktion mit den Bezugspersonen erworben wird. Das letzte Modell, die konstruktivistische Spracherwerbstheorie folgt hingegen der Ansicht, dass Kinder die Erstsprache erlernen, indem sie die Wörter mit einer Bedeutung verknüpfen. Dadurch wird die Wirklichkeit mit der Sprache konstruiert.